Lieferengpässe

Es ist das Ziel aller Arzneimittel-Hersteller, jederzeit bedarfsgerecht bei Einhaltung hoher Qualitätsstandards lieferfähig zu sein. Dennoch kann es zu Arzneimittelengpässen kommen. Arzneimittelengpässe gibt es in unterschiedlicher Ausprägung in allen Ländern der Erde. Sie haben die unterschiedlichsten Ursachen. Es gibt also für dieses Problem keine einfachen Lösungen.

Für Patienten ist die Unterscheidung von großer Bedeutung, ob es sich um einen Lieferengpass handelt, der zeitlich vorübergehend ist und bei dem der Patient auf andere Art und Weise adäquat versorgt werden kann oder ob es tatsächlich einen Versorgungsengpass gibt, bei dem kein vergleichbares Arzneimittel ersatzweise zur Verfügung steht.

Diese Differenzierung muss in der Diskussion berücksichtigt werden, auch wenn jeder Wechsel eines Arzneimittels einen Mehraufwand für den Arzt, den Apotheker und den Patienten bedeuten kann. Einigkeit besteht jedoch unter Experten darin, dass die Arzneimittelversorgung in Deutschland nicht gefährdet ist. Dennoch kann es aus verschiedenen Gründen zu Lieferengpässen kommen.

Themen Lieferengpässe

     

    [glossar] Welche Medikamente und Wirkstoffe sind momentan besonders betroffen von den Engpässen? :::

    Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) weist stets aktuell die Lieferengpässe einzelner Arzneimittel aus. Betroffen hiervon sind insbesondere Generika, also patentfreie Arzneimittel.

    Im Hinblick auf aktuelle Situation bei Lieferengpässen können die entsprechenden Informationen auf der Webseite des BfArM, wo auch der Beirat nach § 52b Abs. 3b AMG zu Liefer- und Versorgungsengpässen angesiedelt ist (BfArM - Lieferengpässe) Auskunft geben.

    Die veröffentlichten Lieferengpassmeldungen findet man hier: https://anwendungen.pharmnet-bund.de/lieferengpassmeldungen/faces/public/meldungen.xhtml

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    [glossar] Was sind die Gründe für Lieferengpässe? :::

    Die Gründe für Lieferengpässe sind vielfältig. Es gibt derzeit zwei wesentliche Gründe für Engpässe: 

    Erstens: Die stark gestiegenen Kosten für Energie, aber auch Verpackungsmaterialen, Logistik, Wirk- und Hilfsstoffe belasten die Arzneimittel-Hersteller sehr.

    Zweitens: Im Gegensatz zu anderen Branchen können diese gestiegenen Herstellungskosten durch die gesetzliche Preisregulierungen (beispielsweise durch Rabattverträge, das Preismoratorium und Festbeträge) nicht oder nur teilweise kompensiert werden; eine wirtschaftlich auskömmliche Produktion ist für viele Hersteller somit nicht mehr möglich. In der Folge steigen immer mehr Hersteller aus der Produktion aus und die Arzneimittel fehlen dann in der Versorgung.

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    [glossar] Sind Rabattverträge der Krankenversicherungen mit den Herstellern schuld an den Versorgungsproblemen? :::

    Unter anderem, ja. Wenn Krankenkassen im Rahmen von Rabattverträgen mit Unternehmen Liefervereinbarungen eingehen, bedeutet das im Umkehrschluss, dass andere Unternehmen für die betreffende Kasse faktisch einen Lieferstopp erhalten und diese versuchen werden, ihre Produktionsstätten mit der Herstellung anderer Medikamente auszulasten. Fällt nun eines der Rabattvertragsunternehmen aus, können die anderen den plötzlich eintretenden Mehrbedarf im Regelfall nicht decken.

    Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Wahrscheinlichkeit von Lieferengpässen erhöht ist, wenn nur wenige Anbieter ein bestimmtes Arzneimittel vertreiben oder eine Konzentration auf wenige Herstellungsstätten vorliegt. Daher würde eine gesetzliche Vorgabe, dass Krankenkassen mit mindestens drei Herstellern Rabattverträge abschließen müssen, die Gefahr von Lieferengpässen langfristig verringern, weil man mit dieser Maßnahme mehr Anbieter im Markt halten würde. Insbesondere die Versorgungssicherheit muss ein maßgebliches Vergabekriterium bei Rabattverträgen sein. 

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    [glossar] Wie stark beeinflusst die Abhängigkeit von Arzneimittelwirkstoffen aus Asien die derzeitige Lieferengpassproblematik? :::

    Der enorme Wettbewerbs- und Preisdruck insbesondere auf patentfreie, vor allem generische Arzneimittel haben zu einer deutlichen Verlagerung der Lieferketten aus Europa nach Asien geführt. Insbesondere Hilfs- und Wirkstoffe und deren Vorprodukte, zum Teil aber auch Bulk- und Fertigware werden in großem Umfang vor allem in China und Indien produziert und von dort bezogen. Daraus resultieren zum Teil dynamische Lieferketten mit unterschiedlichen Fertigungsstätten weltweit. Wenn es bei einzelnen Anbietern in Asien zu Ausfällen kommt, können schnell weltweit Lieferengpässe entstehen.

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    [glossar] Welche Lösungsansätze gibt es, um zukünftige Lieferengpässe zu vermeiden?  :::

    Eine Lösung des Problems der Lieferengpässe wäre eine diversifizierte Vergabe von Rabattverträgen an mehrere Arzneimittel-Hersteller, wobei insbesondere die Versorgungssicherheit ein maßgebliches Vergabekriterium sein muss.

    Patientinnen und Patienten müssen sich auf eine sichere Versorgung mit Arzneimitteln verlassen können. Kurzfristig würde es außerdem helfen, wenn die Politik den Arzneimittel-Herstellern die Möglichkeit einräumt, die aktuellen Kostensteigerungen über einen Inflationsausgleich bei Festbeträgen und Rabattverträgen und einen quartalsweisen Inflationsausgleich beim Preismoratorium zumindest teilweise auszugleichen. 

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    [glossar] Würde es helfen, die Arzneimittelproduktion zurück nach Deutschland oder Europa zu holen? :::

    Die Produktion von Arzneimitteln und Wirkstoffen lässt sich nicht ohne Weiteres von heute auf morgen zurück nach Europa holen. Die Rückverlagerung der Arzneimittelproduktion ist weder realistisch noch wäre damit das Problem der Lieferengpässe gelöst. Wichtig wäre vielmehr, dass die Politik den Pharmastandort Deutschland durch beschleunigte Genehmigungsverfahren und den Abbau von Bürokratie stärkt. Dies würde auch einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass Produktion, die sich noch in Deutschland oder der EU befindet, gar nicht erst abwandert. Darüber hinaus ist es unerlässlich, dass auskömmliche Preise für Arzneimittel gezahlt werden

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    [glossar] Zusammenspiel vieler Akteure :::

    Die Arzneimittelversorgung ist letztendlich eine Gemeinschaftsaufgabe. Hierbei müssen – im Interesse der Patientinnen und Patienten – die Politik durch die Rahmenbedingungen, die Krankenkassen und Krankenhäuser mit ihren Einkaufsgemeinschaften durch ihre Einkaufspolitik und ihre Erstattungsregelungen, die pharmazeutischen Unternehmen durch eine vorausschauende Herstellung sowie Großhandel und Apotheker durch ein adäquates Lager- und Bestellverhalten zusammenwirken.

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    [glossar] Positionspapier und Stellungnahme :::

    Der BAH hat gemeinsam mit den anderen Herstellerverbänden ein Positionspapier zu diesem Thema erarbeitet.

    Im Juni 2023 hat der BAH seine Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei patentfreien Arzneimitteln und zur Verbesserung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln (Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz – ALBVVG) veröffentlicht. [/glossar]

    Medikamentenmangel: "Strukturelle Probleme"

    BAH-Hauptgeschäftsführer Dr. Cranz im Interview mit ZDF Morgenmagazin. Gründe für Lieferengpässe sind die stark gestiegenen Kosten für Energie, Verpackungsmaterialen, Logistik, Wirk- und Hilfsstoffe für die Arzneimittel-Hersteller. Im Gegensatz zu anderen Branchen können gestiegene Herstellungskosten durch die gesetzliche Preisregulierungen (beispielsweise durch Rabattverträge, das Preismoratorium und Festbeträge) nicht oder nur teilweise kompensiert werden. Eine wirtschaftlich auskömmliche Produktion ist für viele Hersteller somit nicht mehr möglich. In der Folge steigen immer mehr Hersteller aus der Produktion aus, was zu Versorgungsengpässen bei Arzneimitteln führt.

    Lieferengpässe in Deutschland: Jetzt entschlossen handeln!

    Die dramatischen Lieferengpässe bei wichtigen Medikamenten wie Antibiotika sind inakzeptabel. Seit Monaten beklagen Ärzte, Apotheker, Patienten und Patientinnen die andauernde, prekäre Lage. BAH-Hauptgeschäftsführer Dr. Hubertus Cranz beteiligte sich an einem Expetengespräch über die Ursachen und mögliche schnelle, effektive Lösungsansätze. Ein dringender Appell an die Politik: Es muss im Dialog mit allen Akteuren im Gesundheitswesen schnell gehandelt werden!

    Schwierigkeiten bzw. Knappheiten beim Kauf von Arzneimitteln in den letzten 12 Monaten

    Stichprobe: 1.011 Personen. Zeitraum der Befragung April 2023 durch NielsenIQ. Vergleich April 2023 und Juni 2022. Werte gerundet. Angaben in Prozent.

    Schwierigkeiten bzw. Knappheiten beim Kauf von Arzneimitteln in den letzten 12 Monaten

    Rund ein Drittel (35%) der Deutschen haben in den vergangenen zwölf Monaten Schwierigkeiten oder Knappheiten beim Kauf von Arzneimitteln erlebt. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Anteil an Menschen, die Schwierigkeiten bzw. Knappheiten beim Kauf von Arzneimitteln erlebt haben, deutlich gestiegen: Im Juni 2022 waren es 18% die (eher) zustimmten. Die Betroffenheit ist bei den 30-49-Jährigen am größten. Jeder zweite Mehrpersonenhaushalt (drei und mehr Personen) – vermutlich auch durch Kinder im Haushalt – hat diese Schwierigkeiten erlebt.

    Gründe für Lieferengpässe von Arzneimitteln

    Stichprobe: 1.011 Personen; Zeitraum der Befragung April 2023 durch NielsenIQ. Werte gerundet. Angaben in Prozent.

    Gründe für Lieferengpässe von Arzneimitteln

    Dreiviertel der Befragten geben als Gründe für Lieferengpässe international verzweigte Lieferketten sowie falsche Politik an, jeweils zwei Drittel die Wirkstoffproduktion in Asien bzw. dass es zu wenige Anbieter für bestimmte Arzneimittel gibt. Rund 60% denken, dass Krankenkassen zu wenig für Arzneimittel zahlen und dies ein Grund für Lieferengpässe wäre.

    Weitere Ergebnisse zur aktuellen Umfrage auf unserer Webseite BAH-Gesundheitsmonitor.

    Pressemitteilung zum Thema

    • 20.01.2022
      Erweitertes EMA-Mandat zur Bekämpfung von Lieferengpässen muss pragmatisch umgesetzt werden

      „Grundsätzlich halten wir die Übertragung von koordinierenden, beratenden und unterstützenden Aufgaben an die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) in bestimmten definierten Krisensituationen für sinnvoll“, kommentiert Dr. Hubertus Cranz, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH) die Änderung des Rechtsrahmens für die EMA, die soeben im Europäischen Parlament verabschiedet wurde.

    • 23.11.2022
      Gemeinsam die Schlüsselindustrie Pharma/Biotech stärken

      Auftakt des „Round Table Gesundheitswirtschaft“ vom BMWK. Pharma-Verbände begrüßen den Dialog mit dem Wirtschaftsministerium und kritisieren die Gesundheitspolitik. Die Schlüsselindustrie Pharma/Biotech muss gestärkt werden.

    • 05.04.2023
      ALBVVG-Regierungsentwurf: Guter Wille allein führt nicht zu einer besseren Versorgung

      „Dass die Bundesregierung endlich Lieferengpässe bekämpfen will, begrüßen wir als guten Willen. Doch leider werden die aktuell angedachten Maßnahmen die Versorgung mit Arzneimitteln nicht verbessern“, kommentiert Dr. Hubertus Cranz, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH), den Gesetzesentwurf zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei patentfreien Arzneimitteln und zur Verbesserung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln (ALBVVG), den das Bundeskabinett heute beschlossen hat.

    • 14.09.2023
      Arzneimittellieferengpässe: Krisenmodus schafft keine langfristige Versorgungssicherheit

      Zur Bekämpfung von Lieferengpässen im Bereich der Kinderarzneimittel hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) basierend auf dem Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) heute einen Fünf Punkte Plan vorgestellt. Doch die darin vorgesehenen Maßnahmen lassen grundlegende Probleme in der Arzneimittelversorgung unberücksichtigt. „Wir alle wollen, dass unsere Kinder gut durch den Winter kommen. Statt im Krisenmodus zu verharren brauchen wir allerdings einen auf Langfristigkeit ausgerichteten Dialog zur Verbesserung der Gesamtsituation. Hierzu sind wir bereit“, erklärt Dr. Hubertus Cranz, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH).

    Auch interessant...

    Rabattverträge sind weder aus Sicht der Patienten und Krankenkassen noch aus gesamtgesellschaftlicher Sicht erstrebenswert.

    Das Preismoratorium legt fest, dass Arzneimittel-Hersteller Preiserhöhungen bei Arzneimitteln, die keinem Festbetrag unterliegen, als Abschläge abführen müssen. Preiserhöhungen für diese Arzneimittel sind damit ausgeschlossen, was ein Problem für die Versorgung darstellt.

    Festbeträge sind Höchstbeträge für die Erstattung von Arzneimittelpreisen durch die gesetzlichen Krankenkassen (GKV).

    Eines der dominierenden Themen in Europa ist die Verringerung von Lieferengpässen bei Arzneimitteln.

    Aktuelle Umfrageergebnisse aus dem BAH-Gesundheitsmonitor zu Lieferengpässen.

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